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Sorgen kann man teilen. 0800/111 0 111 · 0800/111 0 222 · 116 123 Ihr Anruf ist kostenfrei

TelefonSeelsorge Weiden/Nordoberpfalz

30 Jahre TelefonSeelsorge – was hält mich dabei?

Zunächst ein Gefühl der Unsicherheit: Seelsorge – was stelle ich mir darunter vor? Wie sorge ich für meine eigene „Seele“? Kann ich „Sorge“ tragen für die „Seele“ eines anderen Menschen, der keinen anderen Ausweg mehr für sich sieht, als anonym den Kontakt zu einem fremden Menschen zu suchen? Durch einen Zeitungsartikel über die TelefonSeelsorge fühlte ich mich angeregt, aber erst, nachdem mich noch zwei Menschen aus meinem weiteren Umfeld darauf angesprochen hatten, habe ich mich getraut, mich dafür zu melden.

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Das Foto zeigt einen hölzernen Wegweiser, auf dem das WWort „Weg“ geschrieben ist.

Die Ausbildungsgruppe war von Anfang an geprägt von einer grundsätzlichen Offenheit aller Teilnehmenden. Es gab eigentlich keine Hemmungen, in dem geschützten Raum den anderen gegenüber von sich selbst und seinen Erfahrungen und Gefühlen zu sprechen, sich mitzuteilen. Schon allein das eine Offenbarung! Da sitzen zehn Menschen zusammen, die sich zum Teil  noch nie im Leben zuvor begegnet sind, bereit, einander Einblick in ihr inneres Erleben zu gewähren und es zu teilen.

Es braucht keine Erklärung dafür, dass sich daraus besondere Beziehungen ergeben, ein inneres Zusammengehörigkeitsgefühl, getragen von dem gemeinsamen Wunsch, sich auf andere einzulassen.

Teilen die Mitarbeitenden innerhalb so einer Gruppe bei aller Verschiedenheit viele humanitäre Grundzüge – z.B. Empathie, Ausdrucksfähigkeit, eine humanitäre Weltanschauung, wenn nicht einen grundlegenden Glauben – , so treffen wir am Telefon auf ganz unterschiedliche Menschen, unvorhersagbar. Menschen mit psychischen Erkrankungen, über die wir ein paar Fakten gelernt haben, physisch kranke Menschen, deren Leid nachzuempfinden wir nur versuchen können, einsame Menschen, soziale Umfelder und Probleme, die uns selber aus eigener Erfahrung vielfach unbekannt sind. Wir lernen Menschen kennen, die in unserem persönlichen Umkreis nicht vorkommen. Wir lernen, „dass es nichts gibt, was es nicht gibt“.

Das Außergewöhnliche an diesen Gesprächen übers Telefon ist die ungefilterte Direktheit. Die Anonymität des Mediums ermöglicht es den Menschen an beiden Enden der Leitung, sich ohne Maske zu „zeigen“. Verstellung oder Verstecken sind nicht nötig. Ich kann mich darstellen, wie ich bin. Jeder von uns darf authentisch sein.

„Als Lehrerin hatte ich in der Schule viel  mit Menschen (Schülerinnen, Eltern, Kollegen) zu tun. In der klar definierten Funktion von Lehrer und Schüler „spielt“ man eine Rolle, die es weitgehend ausschließt, dass man sich auf einer wirklich persönlichen Ebene begegnet und zeigt, was hinter der eigenen „Rollenmaske“ vor sich geht. Man kann nur ahnen, dass es in einer Familie Schwierigkeiten gibt, oder eine Schülerin wahrscheinlich persönliche Probleme hat, kann jedoch über die Lehrerrolle hinaus kaum helfen. Die TelefonSeelsorge-Arbeit bietet mir dagegen eine Möglichkeit, andere Menschen ohne Maske zu erleben und ihnen auf eine Weise nahe zu kommen, wie es selbst im privaten Bereich selten geschieht.“

Da ich zur Kommunikation ausschließlich meine Sprache habe, ebenso wie auch mein Gegenüber, höre ich konzentrierter zu, ohne Ablenkung durch äußere Faktoren. Mimik und Äußerlichkeiten können den wahren Inhalt einer Mitteilung offenbaren, aber auch verschleiern. Davon bin ich beim Zuhören befreit. Das Hören ist wie ein Kanal. Worte gewinnen an Gewicht.

Die Abgeschiedenheit des Ortes, meines Schreibtisches im Dienstzimmer, verleiht mir die Ruhe, auch etwas auszuhalten, für das es keine schnelle Lösung gibt. Zusammen Aushalten – das ist mein Angebot; Zeit, gemeinsam verbracht, vergeht schneller, leichter, weniger verlassen.

Dieselbe Ruhe verhilft auch mir persönlich, von meinem Alltag Abstand zu gewinnen, mich daraus auszuschalten, einen Schritt zurückzutreten, mich zu finden oder auch zurückzunehmen.

Sowohl die intensive Ausbildung als auch die Beschäftigung mit der Vielfalt des Lebens führen zu einer anderen Sicht auf mich selbst.

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Ein Foto auf dem ein Stop-Schild zu sehen ist.

„Ich bin dankbar für so viele Dinge, die mir das Leben unverdient mitgegeben hat: eine stabile, liebevolle Familie, eine gute Ausbildung, Lebensoptimismus und Lebensfreude. Von meinem Glück möchte ich ein Stück abgeben, indem ich für Menschen da bin, denen es das Leben in mancher Hinsicht schwerer gemacht hat. Nach vier Stunden am Telefon gehe ich mit einem Gefühl von Befriedigung nach Hause: Ich habe meinem Gegenüber am Telefon meine Zeit geschenkt und damit etwas zutiefst Sinnvolles und hoffentlich auch Hilfreiches getan.“

Zugleich ist es wichtig zu lernen, dass ich auch ein Recht habe, mich vom „Leid der Welt“ abzugrenzen. Ich muss nicht alles Leid so an mich heranlassen, dass ich selbst daran zerbreche. Auch sind andere Menschen nicht befugt, mich uneingeschränkt in Beschlag zu nehmen. Sie haben ein Recht darauf, dass ich ihnen zuhöre, sie ernst nehme, meine Fähigkeiten für sie einsetze, aber ich darf dabei auch auf mich selber achten.

Das Schönste ist, auch nach 30 Jahren hören wir nicht auf zu lernen! Das gibt uns ein Gefühl von Lebendigkeit. Die TelefonSeelsorge bleibt ein Prozess, der uns mitten ins Leben hineinzieht.

W. J. und S. W.

Zum nächsten Teil: TelefonSeelsorge ist wie