Direkt zum Inhalt
Sorgen kann man teilen. 0800/111 0 111 · 0800/111 0 222 · 116 123 Ihr Anruf ist kostenfrei

TelefonSeelsorge Weiden/Nordoberpfalz

Liiert mit der TelefonSeelsorge – ohne Ehevertrag

Nacht allein? Frühstück allein?
Nein! Sie ist wieder da. Zurück von der Nachtschicht. Aus einer anderen Welt.
Wir freuen uns, ein sonniger Morgen, die Zeitung liegt am Frühstückstisch, will gelesen werden mit all ihren Berichten vom Leben der Menschen.
Doch zuerst die Frage an sie: „Wie war's?"

Image
Das Foto zeigt eine gedeckten Tisch mit Frühstück. Es besteht aus je einer Karaffe mit Wasser und Orangensaft, mehreren Gedecken aus Becher, Gläser, Teller, Besteck auf Tischsets und Butter, Brötchen, Eiern und Marmelade.

Sie lächelt, etwas müde von der durchwachten Nacht am Telefon. „Wieder ein paar Testanrufe,  einige Aufleger, ja, auch zwei echt wichtige Gespräche: ein langes Erzählen, ein langes Reden, das wohl einen Zuhörer brauchte, und dann im Morgengrauen noch eine vertraute Anruferin, die sich über Zuwendung gefreut hat. So schien es."

Nein, ich erfahre keinen Namen, keine Hinweise über Identität, auch keine Vermutung. Ich weiß, dass viele nächtliche Gespräche, aber auch die vielen anderen Kommunikationen am Tage (Chatseelsorge oder Mailseelsorge), Einblicke geben in dunkle Abgründe, in Lebenszweifel, Ausweglosigkeiten, private oder familiäre Notsituationen, Welten aus Schmerz und Verzweiflung.

Ja, Menschen suchen Hilfe, suchen die anonyme Nähe zu einem einzelnen Menschen, suchen das andere, das ihnen zugewandte Ohr, oft gerade in der Ödnis der Nacht. Nur angedeutet und höchst allgemein darf ich etwas erfahren. Und ich denke, dass es gut ist, im ganz privaten Bereich eines Ehepaares von einzelnen Fällen zu hören, sie gemeinsam zu bedenken in einer zurückhaltenden Weise. Ich meine, dass mancher Fall in einer Zweierbeziehung angesprochen werden kann. Manchmal entsteht bei mir vielleicht Empörung über Forderungen der Anrufer oder der Drang zu einem bestimmten Ratschlag, mit Vorsicht und Sensibilität vorgebracht. Wie der beratende Partner damit später umgeht, bleibt aber dann ganz seine Sache. Er kann schweigen, sich seinen Teil denken, er kann erklären, kann korrigieren nach seinen Erfahrungen, denn die Stunden der internen Supervision sind wohl der Ort, an dem Sachverhalte besprochen, professionell beleuchtet und Wege gesucht werden.

Und der Partner am Frühstückstisch, er mag den Kopf schütteln, unwillig sein, sich seine eigenen Antworten ausdenken. Oder merken, dass man noch viel sensibler und komplexer mit den Problemlagen umgehen kann. Das löst Nachdenklichkeit aus. Ein inneres Gespräch entsteht, und ein soziales Wissen entwickelt sich. Ein Glück, wenn man über Jahre hinweg eingebunden sein darf in eine besondere Art von Gesprächskultur, die aus einem Beobachter einen stillen Mitarbeiter geformt hat, der ähnlich denkt und dankbar schweigt. Weil er merkt, dass die Netze menschlicher Beziehungen viel feiner gesponnen werden können. Beim Blick in die morgendliche Zeitung ein durchaus hilfreiches inneres Netzwerk der Orientierung.

W. V.

 

Zum nächsten Teil: 30 Jahre TelefonSeelsorge – was hält mich dabei?